Traditionen, Gebräuche und Rituale sind seit jeher fester Bestandteil unseres Lebens. Jeder übt diese in irgendeiner Weise aus. Sei es das Ausblasen der Kerze auf dem Geburtstagskuchen und sich
etwas zu wünschen, jedes Jahr am Muttertag mit der Mutter zu frühstücken oder an Weihnachten in die Kirche zu gehen. Früher lebte man Bräuche noch intensiver und aus vielerlei Gründen aus.
manche haben sich bis heute gehalten.
Frühjahrstagundnachtgleiche ◆ Walpurgisnacht ◆ Sommersonnenwende ◆ Schnitterfest ◆ Herbsttagundnachtgleiche ◆ Allerheiligen, Samhain, Halloween
Sie fällt in der Regel zwischen den 20. und 23. März. Zu diesem Sonnenfest begrüßten unsere Vorfahren den Frühling und die Sonne mit Tänzen, Freudenfeuern, Ritualen und Speisen. Zu diesem Zeitpunkt des Jahres sind Tag und Nacht in etwa gleich lang. Es wurden die erwachenden Lebenskräfte der Natur gefeiert, die Göttinnen der Fruchtbarkeit "Freya", der Erde "Ostara" und der Morgenröte "Eoste" verehrt.
Besonders die ersten Kräuter wurden als erstes Grün und als wichtiger Mineralstoff- und Vitaminlieferant nach dem langen Winter mit reinigenden, vitalisierenden Kräften geweiht.
Dieser Kräutersegen beinhaltete auch die Neun-Kräuter-Suppe, die immer neun Kräuter enthielt, weil die 9 als magische und heilige Zahl galt.
9 - war im Übrigen auch die Anzahl an schönen Monaten, die nun folgten. Eine Zeit, an der die Natur den Speiseplan wieder auffüllte.
Im Mittelalter wurde ein Großteil dieser Bräuche während der Christianisierung übernommen. Die Neun-Kräutersuppe kennen wir heute als "Gründonnerstagssuppe", dessen bitterer Kräutergeschmack die bitteren Leiden Christus darstellen sollte. Die Freudenfeuer wurden zum Osterfeuer.
Brennnessel ◆ Gänseblümchen ◆ Giersch ◆ Knoblauchsrauke ◆ Löwenzahn ◆ Petersilie ◆ Spitzwegerich ◆ Taubnessel ◆ Vogelmiere
(man nahm alternativ auch Gundermann, Sauerampfer und Schafgarbe)
Zusammen mit Butter, Zwiebeln, Knoblauch, Mehl, Gemüsebrühe, Sahne, Pfeffer, Salz und Muskat gibt dies eine leckere, gesunde Frühlingssuppe.
Die Walpurgisnacht, die heute vom 30.04. auf den 01.05. stattfindet, war früher zu den Zeiten der Kelten und Germanen das Fest des Sommerbeginns und des keltischen Jahreskreises - Beltane oder Beltaine. Ursprünglich feierte man es in der Nacht des ersten Vollmondes nach der Frühlingstagundnachtgleiche oder „Wenn der Weißdorn blüht!“ .
Irgendwann im Laufe der Zeit wurde daraus ein festes Datum. Den Beginn der schönen Jahreszeit, die Fruchtbarkeit der Natur, mit den Maibäumen und Maifeuern zu feiern, stimmen mit unserem heutigen "Tanz in den Mai" weitestgehend überein.
Der heidnische Hintergrund dieser Feste sorgte während der Christianisierung im Mittelalter für eine Assoziation mit Hexen und dem Teufel, die in dieser Nacht ihr Unwesen treiben sollten. Feuer- und Fruchtbarkeitsrituale waren vielen eine unheimliche Vorstellung.
Die Kirche übernahm die Feierlichkeiten jedoch, da man sie aus den Köpfen der Menschen nie ganz austreiben konnte, aber widmete sie nun der heiligen Walpurga.
Viele Traditionen sind mancherorts geblieben wie die Freudenfeuer, die damals den kalten Winter und alles Böse durch Rauch vertreiben und reinigen sollten, das Räuchern und Verbrennen von Kräutern und Hölzern besonderer, symbolischer Pflanzen und deren Segnung zum Schutz der Tiere.
Im Marburger Landkreis gibt es auch noch einige als "Hexentanzplätze" bezeichnete Orte, an denen solche Hexenzusammenkünfte in der Walpurgisnacht stattgefunden haben sollen. Meist sind sie im Wald und/oder auf erhöhten Positionen zu finden. Im Burgwald bei Oberrosphe, bei Breidenbach und bei Hatzbach.
Keine andere Zeit im Jahr ist in der Natur bedeutender und magischer als um die Tage der Sommersonnenwende.
Die Kelten, die wie kein anderes Volk die Natur verehrt haben, feierten dort eines der größten Feste. Die Natur strotzt vor Fruchtbarkeit und Schönheit.
Es ist auch die Zeit der sonnenanbetenden Pflanzen. Die Sonnenenergie ist jetzt am intensivsten. Kräuter, die zu diesem Zeitpunkt geerntet werden, geben ihre gespeicherte
Sonnenenergie an uns ab. Dazu zählen Arnika, Frauenmantel, Gänseblümchen, Johanniskraut, Kamille, Königskerze, Nachtkerze, Ringelblume, Schafgarbe und die Wegwarte. Besonders um Johanni (24. Juni) sollen sie die
größte Heilwirkung entfalten. Zum Beispiel könnt ihr ein Johanniskraut-Öl mit zu Johanni gesammelten Blüten ansetzen.
Die Kräuter wurden zur Ehrung ihrer Heilkraft, aber auch aufgrund ihrer Schutzwirkung geweiht.
Besonders die kürzeste Nacht vom 20. auf den 21. Juni galt schon immer als geheimnisvoll. Viele Mythen & Legenden erzählen beispielsweise von möglichen Treffen mit Zwergen, Elfen und Naturgeistern, aber auch mit Hexen und Dämonen.
Eine besondere Rolle hierbei spielte das Sporenpulver von Farnen, das magische Fähigkeiten haben sollte.
Zu den Zeiten der Heiden trug man außer einem selbst geflochtenen Sonnwendgürtel aus Bärlapp oder Beifuß keinerlei Kleidung, ins Haar kamen Kränze aus Johanniskraut oder Gundermann und man tanzte die ganze Nacht unter freiem Himmel.
Da es auch die Nacht der Fruchtbarkeit ist, waren bei Liebespaaren traditionelle Rituale beliebt. Dabei sprang man paarweise über die Sonnwendfeuer und nächtigte auf einem Liebeslager aus Beifuß und Johanniskraut.
Unabhängig davon nutzten auch alle anderen die vorhandenen Kräuter und die Feuer, um sich mit ihrer Hilfe von Krankheiten zu befreien und für das kommende Jahr davor zu schützen.
Die uralten heidnischen Gebräuche ließen sich in der Christianisierung nicht einfach abschaffen, und so widmete man dieses Fest Johannes dem Täufer und legte seinen Gedenktag in diese Zeit – auf den 24. Juni.
Die Sonnwendfeuer, die zu Johannifeuer wurden, finden heute noch im Alpenraum statt, die Berge erleuchten durch hunderte entzündeter Bergfeuer.
Noch heute bestehen auch viele der alten Traditionen weiter. Abgesehen von den Feuern, findet in Schweden, nach germanischer Tradition das Mittsommerfest statt. Das Fest des Lichtes und der blühenden Natur wird mit Bäumen und vielen Blüten, Speisen und Musik begangen.
Die Liebesrituale werden besonders in Österreich noch immer praktiziert.
Es soll Glück in der Liebe bringen in der Johannisnacht Glühwürmchen zu sehen.
Wenn ledige Frauen in besagter Nacht 7 verschiedene Blumen von 7 verschiedenen Wiesen pflücken und den Strauß unters Kopfkissen legen, werden sie im Traum ihren Zukünftigen finden.
Normalerweise steht Anfang August die Ernte der ersten Früchte und des Getreides an. Dieses Jahr war alles etwas früher.
Die Kelten feierten zu diesem Anlass eines ihrer größten Jahreskreisfeste - Lughnasadh. Es wurde in der Regel am achten Vollmond
des Jahres, rund um den 1. August, gefeiert und ist somit eines der vier Mondfeste. Benannt ist es nach Lugh, dem keltischen Sonnen-, Korn- und Erntegott.
Lughnasadh ist der Beginn der Ernte und steht somit bereits für den Herbstbeginn.
Da die Vorratskammern sich zu leeren beginnen und der nächste Winter vor der Tür steht, herrschte freudige Erwartung und Feierstimmung.
Es gab Erntespiele, Wettkämpfe, Kräuterrituale, Dorffeuer, Fruchtbarkeits-Zweckehen und eine Vielzahl an spätsommerlichen Speisen aus Äpfeln, Ebereschen und natürlich Getreide.
Auch Opferungen - meist in Form von Brot aus den ersten Körnern, um die Götter zu begünstigen, waren üblich.
In den Zwei Wochen vor dem 1. August und bis zum 15. August, feierte man also gleichzeitig auch das Opferfest "Lammas".
Im Christentum ist dieser Tag zur Himmelfahrt der Gottesmutter Maria geworden.
Rund um Maria Himmelfahrt ist die Zeit des Kräutersammelns und des Einbringens der Ernte für das Winterhalbjahr.
Der Zeitraum bis zum 13. September wird auch "Frauendreißiger" genannt, da das Fest der Gottesmutter geweiht ist und es in dieser Zeit auch besonders viele Frauenkräuter gegen allerlei
Frauenleiden gibt. Gerade für die Landbevölkerung galt diese Zeit als besonders heilig.
Auch zum Schutz von Haus und Hof werden aus mächtigen Heilpflanzen "Kräuterbuschen" gebunden. Am Wichtigsten ist hierbei die Anzahl der Kräuter, denn es muss eine magische Zahl sein. sieben,
neun, 15, 77 oder sogar 99 sind üblich. Welche Heilpflanzen sind dabei regional unterschiedlich. Meist bildet die Königskerze das zentrale Element. Baldrian, Beifuß, Frauenmantel, Johanniskraut,
Kamille, Labkräuter, Minze, Ringelblume, Schafgarbe, Steinklee sind gängige Kräuter. Es ist die wichtigste Kräuterweihe des Jahres. Nach der Segnung werden diese Sträuße bis zum
nächsten August im Haus aufgehängt.
Dieser Brauch geht auch auf vorchristliche Zeit zurück. Da wurde eine Muttergottheit - Beschützerin allen Lebens verehrt. Auch den anderen Göttern wurden Kräutersträuße
geweiht, insbesondere der Fruchtbarkeitsgöttin Freia und dem Donnergott Donar. Im 9. Jahrhundert verbot die Kirche derartiges, bis man auch diese Tradition wieder aufnahm und sie unter den
Schutz der Gottesmutter Maria stellte. Auch hier ranken sich viele Legenden um ihren Tod. Eine davon besagt, dass ihr Grab eines morgens leer aufgewunden wurde, jedoch an ihrer Stelle
mit Blüten und Kräutern übersät war.
Nicht nur bei den Kräutern gilt diese Zeit als besonders fruchtbar, auch zu dem Zeitpunkt gelegte Eier und frische Milch sollen besonders gut sein.
Wie auch schon bei der Frühlings-Tagundnachtgleiche sind zu diesem Zeitpunkt Tag und Nacht ungefähr gleich lang. Danach werden die Nächte wieder länger sein. Es war einst ein keltisches Sonnenfest und ist uns auch heute noch als Erntedankfest der katholischen Kirche bekannt.
Festlich dekorierte Tische waren mit allerlei Herbstfrüchten und Nüssen bestückt.
Auch heute noch kennt man vielerorts die sogenannten "Kirchweih-Feste" oder auch als Kirmes bekannt, die alle ihren Ursprung in den Erntedankfesten haben.
Auch im Judentum sind Erntefeste bekannt, in den USA feiert man etwas später Thanksgiving. Weinfeste gehören auch dazu. Alles hat mit Dankbarkeit für die geernteten Gaben der Natur zu tun.
Der 29. September, der dem Erzengel Michael gewidmet ist, ist ein Wetterorakeltag und symbolisiert den letzten Tag der ernte. Dies ist auch die Zeit, wo in Gebirgsgegenden das Vieh von der Alm geholt wird.
31. Oktober & 1. November
Die christlichen Gedenktage "Allerheiligen" und "Allerseelen" erscheinen zuerst als eher traurige Gedenktage, man denkt an die Verstorbenen und betet für sie. Doch ursprünglich bedeuteten diese
Tage zumindest bei unseren keltischen Vorfahren, den Anfang eines neuen Jahres, ein sogenanntes "Schwellenfest", dass die Verstorbenen in die andere Welt, in ein neues Leben bringen
sollte. Sowie sich auch die Natur vorübergehend in den Winterschlaf zurückzieht. Es ist der Beginn der dunklen Jahreshälfte. Die Arbeit in der hellen Jahreshälfte ist getan, die
Ernte eingefahren, das Vieh im Stall oder geschlachtet. Daher war dies für sie ein freudiger Anlass und eines der großen Jahreskreisfeste,
eines der Mondfeste. Auch wenn diese Tage als Feste des Todes gelten und eher im Zeichen der Dunkelheit anstelle des Lichts stehen,
ist es gleichzeitig ein Fest der Hoffnung und neuen Lebens. Die Kelten feierten ihre Feste immer im Einklang mit der Natur und nach dem Verlauf von Sonne und Mond.
Halloween assoziieren viele mit einem Brauch aus dem modernen Amerika, dabei stammt es, wie auch die die populären Kürbisse,
ursprünglich aus dem katholischen Irland. Dort stellte man Kerzen in ausgehöhlte Rüben, um die bösen Geister fernzuhalten. Ausgewanderte Iren brachten diesen "Kürbis"-Brauch mit nach Amerika.
Dort wurden die Rüben zu Kürbissen, wie wir sie heute auch kennen. Der Name "Halloween" stammt von dem Ausdruck "A Hallows Eve" - dem Vorabend
von Allerheiligen. All diese Feste und Gedenktage hängen also doch irgendwie zusammen und haben ihren Ursprung bereits in keltischer Zeit.
Gegen Ende des Römischen Reiches, als die katholische Kirche Rom zu ihrem Zentrum erklärte und dort das Pantheon zur Würdigung aller verstorbenen Märtyrer und Heiligen einweihte, wählte er
den 1. November als Feiertag. An Samhain gedachten aber bereits die Kelten und Germanen ihrer Helden und Ahnen. so geschah es, dass die christlichen Bräuche die heidnischen fast
einfach übernehmen konnten. Der 2. November wurde dann allen verstorbenen Seelen gewidmet. Gräber werden besucht, Gebete gesprochen, Kerzen entzündet.
Aus jenen Tagen haben sich allerlei Traditionen und Rituale entwickelt, die sich teils bis heute gehalten haben. Bei den Kelten erntete man nach Samhain keine Kräuter mehr. Sie glaubten, dass sie
nun denen unter der Erde gehörten. Orakel waren beliebt, besonders für die Liebe.
In manchen Regionen gibt es heute noch sogenannte "Allerseelenbrote".
Quelle: "Von Sonnwend bis Rauhnacht", Valentin Kirschgruber, Kailash-Verlag, 2015, München.
Besonders vor der Christianisierung war der Glaube an Magie, an beseelte Naturwesen, Geister und magische Praktiken bei den mittelalterlichen Menschen nicht wegzudenken. Selbst bei normalen Gebeten oder Segnungen, wurden manchmal magische Rituale mit einbezogen. Bei der Vertreibung von Krankheiten waren stets Dämonen die Schuldigen, die ausgetrieben werden mussten.
Über die Jahrhunderte begleitende magische Gegenstände waren Edelsteine, Talismane und Amulette, die zum Schutz oder zur Heilung dienten. Der Gebrauch von Kräutern, Farnen und Moosen in Ritualen verstand sich von selbst. Eine bis heute noch sehr gebräuchliche Tradition ist das Räuchern.
Die Menschen im Mittelalter konnten sich vieles nicht so einfach erklären oder wie wir einfach nachlesen. Das meiste war ihnen nur durch Überlieferungen bekannt und Traditionen wurden strikt befolgt. Sie sahen sich früher mehr als ein Teil der Natur und somit waren Symbole und Vorzeichen in jeder Pflanze, jedem Tier und im Wetter sichtbar und ernst zu nehmen. Bis heute haben sich einige der damals existierenden Aberglauben gehalten, wie zum Beispiel eine schwarze Katze, Freitag der 13. und viele mehr.
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Buchquellen:
Wolf Dieter Storl, 2000, Heilkräuter und Zauberpflanzen, 12. Auflage, Aarau
"Wickel, Salben & Tinkturen", Arnold Achmüller, Bozen, 2016
"Kräuterwissen aus alter Zeit", Burkhard Bohne, Stuttgart, 2021
"Alte Bräuche neu gelegebt", Isabella Hofmann-Mähr, Österreichischer Agrarverlag; 1., Aufl. Edition (25. Oktober 2006)