Picea abies
Die Gewöhnliche oder auch Gemeine oder Europäische Fichte (durch leicht rötliche Rinde auch "Rottanne") ist zwar bei uns in der Region nicht heimisch, sie ist aber durch die
Forstwirtschaft der vergangenen Jahrhunderte oft vertreten, wenn auch mittlerweile eher durch ihre Abwesenheit dank notwendiger Abholzungen. Als Gebirgsbaum der Höhenlagen ist sie zahlenmäßig
immer noch die stärkste Baumart in Deutschland und der häufigste Nadelbaum Mitteleuropas.
Baum des Jahres 2017
Steckbrief
Magie & Volksglauben
Heilkraft
Verwendung
Die weiblichen Blütenstände sind meist rötlich, selten hellgrün oder rosa und lassen schon deutlich den späteren Zapfen erkennen. Anfangs sind sie noch aufrecht und ca. 2-4cm groß. Sie sitzen eher im oberen Teil des Baumes, weshalb man sie auch seltener zu Gesicht bekommt. Am gleichen Baum reifen auch die männlichen Blüten heran, die aber wesentlich kleiner sind und eher hängen. Sie sind erst rötlich, später, wenn der Blütenstaub austritt werden sie gelblich. Der Blütenstaub wird durch den Wind verteilt und bestäubt allerdings meist nicht die eigenen weiblichen Blüten, sondern die anderer Bäume. Boden und Luft werden in dieser Zeit von gelben Wolken durchzogen, wie man es auch von den Kiefern kennt.
Fichtenblüten zählen für mich zu den verborgenen Baumwundern und haben daher einen Platz in meinem Kalender gefunden.
Lange Zeit kannte ich den Unterschied zwischen Tannen und Fichten auch nicht. Für mich waren sie ziemlich ähnlich. Schaut man sich die beiden Baumarten jedoch mal genauer an, kann man deutliche Unterschiede erkennen: Die Zapfen der Tanne sitzen aufrecht an ihren Trieben, zudem fällt ein Tannenzapfen nicht runter - er zerfällt bereits auf dem Weg nach unten in seine einzelnen Samen. Die Nadeln der Tannen piksen nicht und haben zwei bläulich weiße Längsstreifen auf der Unterseite. Der Stamm ist heller und rechteckig geschuppt (Weiß-Tanne) und mit dem Alter bilden sie eine flachere Krone.
Die Fichte sticht, die Tanne nicht!
Mögliche Verwechslungen ansonsten mit der Douglasie: die weichen Nadeln riechen beim Zerreiben nach Orange, kleinere Zapfen mit zipfeligen Schuppen
Viele Pilze sind von Fichten abhängig, sie bilden eine Gemeinschaft (Mykorrhiza), um gegenseitig Nährstoffe auszutauschen.
Oder bedeuten eben das Ende eines Baumes. Eigentlich ist dies ein natürlicher und wichtiger Prozess im Ökosystem des Waldes. Für den wirtschaftlichen Aspekt, wenn bspw. durch Bräunfäule ganze Fichten-Monokulturen zerstört werden, ist dies natürlich alles andere als erfreulich.
Auf herabgefallenen Fichtenzapfen siedeln sich gerne die Mini-Becher des Fichtenzapfen-Becherlings an oder die winzigen Schirmchen des Fichtenzapfenrüblings.
Zu den Füßen von Fichten fühlen sich Steinpilze und Fliegenpilze wohl. An der Rinde lebender Fichten oder an abgestorbenen Baumstümpfen findet man oft den Rotrandigen
Baumschwamm "Fichtenporling" , dessen "Befall" zu Braunfäule führt. Das Leben dieses Baumes wird enden, der Pilz bereitet aber gleichzeitig eine neue, leichter zugängliche Nahrungsquelle für
andere Waldbewohner vor - die Insekten.
Naturdenkmal von Marburg
Die große Fichte am Wilhelmsbau des Landgrafenschlosses
Bis vor Kurzem habe ich diesen markanten Baum nicht einmal bemerkt. Seitdem mir die Listen mit den Naturdenkmälern im Landkreis in die Hände fielen, fällt sie mir sofort ins Auge, wenn ich zum Schloss blicke, wie um mich zu vergewissern, dass sie nicht plötzlich weg ist. Sogar von Weitem ist sie zu erkennen. Wie eine markante Säule oder ein zusätzlicher Turm blickt sie stolz an der Seite des Schlosses aufs Tal hinab.
Die Fichte am Landgrafenschloss
Fichten im Freistand am Behring-Mausoleum
Fichten in Monokultur am Marburger Rücken
Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts wurde ein großer Teil unserer Wälder wegen des hohen Holzbedarfs wie zur Gewinnung von Holzkohle, der Herstellung von Glas & Papier, und
natürlich für Bauholz, heruntergewirtschaftet. Um schnell Nachschub zu bekommen, und da Fichtenholz so oder so sehr begehrt war, begann man Fichten in Monokulturen anzupflanzen. Denn sie waren
schnellwüchsig und fürs Erste anspruchslos. Auch durch die beiden Weltkriege ist der Bedarf stark angestiegen.
Das Problem begann aber schon damit, dass die Fichte eigentlich in höheren Gebirgslagen zuhause ist.
Die Klimaerwärmung tut der sonst feuchte und kühlere Lagen bevorzugenden Fichte alles andere als gut.
Reine Fichtenbestände fördern zusätzlich Schädlingsbefall wie den Borkenkäfer oder Rotfäule.
Da sie auch noch Flachwurzler ist, ist sie anfälliger für Stürme.
Das herabfallende Fichtenstreu zersetzt sich sehr langsam und schlecht, was zudem zu einer Boden-Versauerung führt. Man kann selbst sehen, dass in Fichten-Monokulturen sonst kaum etwas darunter
wächst.
Schon 1921 sagten Forstleute selbst:
„Willst du den Wald bestimmt vernichten, pflanze nichts als reine Fichten!”
Quellen:
Der Kosmos Baumführer Europa, Margot und Roland Spohn, Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart
"Was blüht denn da?", Spohn, Golte-Bechtle, Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart, 60. Auflage, 2021