Cydonia oblonga
Eine edle Schönheit mit verführerischem Duft, Heilkraft und für leckere Speisen
- und doch ist sie bei uns lange nicht so populär, wie sie es verdient hätte.
In Mitteleuropa wurde die Quitte schon ungefähr seit dem 9. Jh. als Obstbaum angebaut, dennoch galt sie im Mittelalter als Speise der Reichen.
Als eine der ältesten Kulturpflanzen, ist sie in Europa und Asien seit 2000 Jahren bekannt und durch die Römer zu uns gelangt. Karl der Große forcierte dann den Anbau hierzulande. Heute wird sie hauptsächlich in Gärten kultiviert, tritt aber gelegentlich auch verwildert auf. Seefahrer nahmen die Quitte mit zur See, da man sie dank ihres hohen Gehalts an Pektin, gut konservieren konnte. Von ihr leitet sich auch die erste Marmelade ab - "Marmelada" (Portug.: marmelo = Quitte) - in Wein und Honig eingelegte Quitten.
Der Quittenbaum oder -Strauch zählt wie auch der Apfelbaum zu den Rosengewächsen. Er wird etwa 8m groß. Ab einem Alter von 4-8 Jahren bildet ein Baum im September/Oktober Früchte aus, sobald sie gelb sind können sie geerntet werden. Im November/Dezember sind sie dann ausgereift. Dann findet in der Regel auch erst die Verarbeitung statt.
Die Quitten selbst sind größer als Äpfel und von einer satten goldgelben Farbe, wobei man die Sorten Apfelquitte und Birnenquitte grob unterscheidet. Sie variieren in Form und Festigkeit des Fruchtfleisches und im Aroma. Beliebter ist wohl die Birnenquitte, da sie mehr Saft liefert und etwas weicher ist. Auch ihre Blüten im Mai und Juni ähneln sowohl Rosenblüten als auch Apfelblüten. Man sagt, sie blüht erst, wenn wirklich kein Frost mehr zu erwarten ist.
Für die Hausapotheke und Naturkosmetik ist sie eine wahre Bereicherung. Bereits Hippokrates bereitete aus dem Gel der gekochten Kerne ein Mittel bei Halsbeschwerden. Anfangs kannte man sie nur als Heilmittel, erst im späten Mittelalter fand man heraus, dass sie sich auch gut als Nahrungsmittel eignete.
Für Hildegard von Bingen war die Quitte ein "kalter" Baum, die Früchte jedoch waren "warm" - sie setzte sie bei Gicht, Geschwüren, Hautausschlägen und hingegen heutiger Empfehlungen roh ein, aber nur wenn sie voll reif waren
Inhaltsstoffe:
Amygdalin, Ballaststoffe, Eisen, Emulsin, Flavonoide, Folsäure, Fruchtsäure, Gerbsäure, Gerbstoffe, Kalium, Kupfer, Pektin, organische Säuren, Schleim, Vitamine (A, B und C), Zink
Wirkung:
Antioxidativ, blutstillend, , cholesterinsenkend, entgiftend, entzündungshemmend, feuchtigkeitsspendend, reizlindernd, verdauungsfördernd
Verwendung:
Hausapotheke & Naturkosmetik: Tee aus Blättern (Mai-September),
blutbildende Tinktur aus Fruchtstücken, als Basis für andere Naturkosmetikprodukte und bei Husten;
pflegendes Öl, Lotion, Salbe & Lippenbalsam bei trockener Haut;
Kühlendes, beruhigendes Gel aus Quittenschleim äußerlich bei trockener Haut, Allergien, Entzündungen und Verbrennungen, und innerlich als beruhigender Tee bei Halsschmerzen, Husten & Schlaflosigkeit
Der Hohe Kaliumgehalt stärkt außerdem das Herz, die Nerven und Muskeln.
Wohnen: ihr betörender Duft ist ein natürlicher Raumduft
Küche: Quittengelee, Quittenkompott, Quittensaft, Quittensirup, Quittenlikör, Quittenbrot, Quittensenf, Quittenessig,
Quittenkren; Mus oder Saft sind nicht nur schmackhaft, sondern helfen außerdem bei Verdauungsbeschwerden, Erkältungen und Gicht.
Ob als "Königin des Kernobstes", "Äpfel der Aphrodite" oder "Liebesapfel" bezeichnet, deutlich wird, dass die Quitte etwas ganz besonderes ist. Und dies schon seit der Antike. Bei den alten Griechen standen die "Kydonischen Äpfel" (griech.: Kydomalon =Apfel aus Kydonia) für Liebe, Fruchtbarkeit & Sinnlichkeit, sie waren der Göttin Aphrodite geweiht. Sie schätzten sie außerdem als Heilmittel, Nahrungs- und Genussmittel. Üblich war bspw. auch das Verspeisen einer Quitte durch die Braut vor der Hochzeitsnacht, um für reichlich Nachwuchs zu sorgen.
Der "Zankapfel", ein Schönheitspreis aus der griechischen Mythologie, um den sich Aphrodite, Hera und Athene stritten, soll wohl auch eine Quitte gewesen sein.
Die auch als "Wollapfel" bezeichnete Quitte muss zuerst von ihrer pelzigen Haut, die sie vor Schädlingen & Feuchtigkeitsverlust schützt, befreit werden. Der Flaum enthält viel Tannin. Dafür einfach waschen und danach mit einem Küchentuch abreiben.
Nun schneidet ihr sie vorsichtig auf, sodass ihr bestenfalls das Kerngehäuse nicht verletzt. Die Kerne sollten aufgrund ihres Gehalts an Blausäure nicht beschädigt werden, unabhängig davon, ob ihr die Kerne aufbewahren wollt. Zusätzlich werden sie dann am besten nur gekocht verwendet.
Die Kerne bilden bei Kontakt mit Wasser eine Schleimschicht heraus.
Habt ihr keine Zeit für die vielen Rezeptideen, wollt aber die Saison nicht verpassen, könnt ihr sie auch erstmal nur schälen, klein schneiden, blanchieren, einfrieren und später zubereiten.
Mit wenigen Quitten kann man gleich mehrere Dinge auf einmal herstellen und braucht eigentlich nichts wegwerfen.
Wer Lust und Zeit hat, kann nun zum einen die Quittenkerne verwenden, Quittengelee herstellen, aber auch die abgesiebten Früchte weiter zu Quittenmus und Quittenbrot verarbeiten.
Alle Schritte habe ich dieses Jahr mal ausprobiert und euch nachfolgend zusammengestellt.
Zutaten:
1,5 Kilo Quitten (5 Stück), 500g Gelierzucker 3:1, 4x Sternanis, 1 1/2 gehäufte Teelöffel Zimt, Messerspitze Kardamom. Wer es weniger weihnachtlich möchte, kann natürlich weniger der Gewürze
nehmen oder sie nach Wunsch austauschen.
Zubereitung:
mit Wasser bedecken2 Stunden weich kochen, danach über Nacht bzw. ca. 12 Stunden ruhen lassen. Dann über einem Sieb oder Passiertuch den Saft auffangen. Je nachdem, wie klar ihr ihn haben möchtet. Es sollten mindestens 1200ml Flüssigkeit rauskommen. Diese dann mit 500g Gelierzucker 3:1 mischen, aufkochen und mindestens 4 min sprudelnd kochen lassen. Gelierprobe..in heiß ausgespülte Gläser abfüllen.
Zeitaufwand: 2 Stunden + 1 Nacht oder 12 Stunden
Den Rest der passierten Früchte vermischt ihr nun mit 150ml Wasser, püriert diese und passiert sie bestenfalls durch eine "Flotte Lotte".
Die Masse füllt ihr nun in einen neuen Topf, sie sollte in etwa 1kg ergeben. Hierfür benötigt ihr jetzt 500g Gelierzucker 2:1. Sollten es nicht 1kg sein, müsst ihr ggfs. die Menge etwas anpassen.
Den hiervon übrigen Rest aus dem Passiersieb bewahrt ihr nun für das Quittenbrot auf.
Die Masse für das Mus nun aufkochen und ca. 3 Min sprudelnd kochen lassen, in sterilisierte Gläser füllen.
Quittenmus schmeckt genauso hervorragend auf dem Brot wie Gelee, oder ihr verwendet es so, wie ihr sonst Apfelmus verwenden würdet.
Den "Rest vom Rest" mit 500g Gelierzucker 1:1 vermischen und auch aufkochen, nach 4-5 Min eine Gelierprobe machen und ca. 1/2 cm hoch auf einem mit Backpapier ausgelegtem Backblech verstreichen. Nun mindestens 1 Tag an einem warmen Ort trocknen lassen. Optimal ist hier die Nähe eines Ofens, ansonsten einer Heizung. Nach einem Tag vorsichtig in Rauten schneiden (jede andere beliebige Form ist auch möglich - Rauten sind einfach das Typische) und in Puderzucker wenden. In den nächsten 3-4 Tagen mehrfach wenden und ggfs. "nachpudern". Anschließend zwischen Backpapier in Blechdosen einlagern.
Quittenbrot kann Dunkel und trocken gelagert mehrere Jahre haltbar sein (mindestens 1 Jahr), daher war es auch in früheren Zeiten schon eine beliebte Art die Früchte zu konservieren.
Zutaten:
2 Quitten | 100ml Jojobaöl | Alkohol | Thermometer | Feuerfestes Glas | Topf | Messbecher | kleines Fläschchen
Die Quitte waschen und vom Pelz befreien.
Schälen und die Schalen in ein mit Alkohol desinfiziertes oder ausgekochtes, feuerfestes Glas geben. Mit Jojobaöl auffüllen. Nun das Gefäß in einen Topf mit Wasser stellen und diesen erhitzen. Dabei mithilfe des Thermometers darauf achten, dass das Frucht-Öl 70°C nicht übersteigt.
Das Schalen-Öl-Gemisch 1,5 Stunden auf dem Herd ziehen lassen. Abseihen und in ein Fläschchen füllen.
Haltbarkeit: ca. 1 Jahr - dunkel & kühl
Zeitaufwand: ca. 2 Stunden
Das Öl kann als Feuchtigkeitspflege auf der Haut angewendet werden oder als Basis für weitere Naturkosmetik dienen.
Das Quitten-Öl könnt ihr auch als Grundlage für eine ebenso feuchtigkeitsspendende, pflegende Salbe verwenden.
Zutaten:
50 ml Quitten-Öl | 6 g helle Bienenwachslinsen | Alkohol | Thermometer | Feuerfestes Glas | Topf | Messbecher | Salbendöschen
Zubereitung:
Das Öl zusammen mit dem Bienenwachs in ein mit Alkohol desinfiziertes Gefäß in ein Wasserbad stellen. Gleich ein Thermometer dabei, damit das Gemisch die 70°C Marke nicht knackt.
Sobald das Bienenwachs geschmolzen ist, in ebenso mit Alkohol desinfizierte Salben-Döschen füllen und bei geöffnetem Deckel aushärten lassen.
Haltbarkeit: ca. 1 Jahr - dunkel & kühl
Zeitaufwand: ca. 15 Minuten
1 TL Quittenkerne in kaltem Wasser einweichen - bis sich der "Schleim" bildet. Im Kühlschrank lagern für zusätzlichen Kühleffekt. Auf Verbrennungen, Hautreizungen oder bei aufgesprungenen Lippen; Verlängert mit einem Schuss Kaffee können sie auch bei Augenringen helfen.
Für eine innerliche Anwendung lasst ihr 1 TL unbeschädigter Quittenkerne köcheln, seiht diese ab und kombiniert sie evtl. noch mit Ingwer. 1 TL reicht für 1 Tasse.
Berühmte Quitten-Verehrer: Goethe, Schiller, Hieronymus Bock, Karl der Große, Hippokrates
Quitten im Garten - sie mag es warm, sonnig mit nährstoffreichem, lockerem, mäßig feuchtem Boden und windgeschützt. Ihr habt den perfekten Platz für sie? Dann nur zu, ansonsten ist sie relativ anspruchslos und bedankt sich bei uns ab ca. 4 - 8 Jahren (vorher bei der Sorte erkundigen) mit verführerischen Früchten - Die Pflanzzeit ist im Herbst.
Niemand besitzt genug Gewandtheit im Reden,
um all die guten Kräfte der Quitten, so zu erklären, wie sie es verdient hätten."
Hieronymus Bock, 1539
Quellen:
"Das Kleine Buch - Quitten in Küche & Kosmetik", Doris Kern, 2021, Servus Verlag, Wals bei Salzburg
Der Kosmos Baumführer Europa, Margot und Roland Spohn, Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart, 2022
"Das große Buch der Heilpflanzen", Pahlow, München, 1993