Die Lahn durchschneidet elegant das "Schichtpaket" aus Buntsandstein des bewaldeten Marburger Rückens und der Lahnberge. Diese geologischen Gegebenheiten haben mich dazu inspiriert, genauer hinzuschauen – sie scheinen förmlich zu glitzern. Wer schon einmal ein von der Sonne angestrahltes Stück Sandstein betrachtet hat, weiß, wovon ich spreche.
Das landschaftlich und hydrogeologisch dominierende Gestein unserer Region ist der Sandstein der Buntsandsteinformation. Die Lage am westlichen Rand der “Hessischen Senke” sorgt für ein hohes Vorkommen dieses Gesteins. Zudem grenzt das “Rheinische Schiefergebirge” westlich an. Es liefert uns neben Schwarz- und Kieselschiefer auch Karbonate und Grauwacken, die beispielsweise als Pflastersteine Verwendung finden. Quarzite aus der “Hörre-Zone” kann man am Wollenberg entdecken.
Marburg liegt inmitten einer vielfältigen Landschaft, die von markanten geologischen und morphologischen Formationen geprägt wird. Im Nordosten erstreckt sich der Südwestausläufer des Burgwalds, der für seine Moore bekannt ist. Im Westen finden wir die Elnhauser-Michelbacher Senke, die nahtlos in die Damshäuser Kuppen übergeht und schließlich ins Gladenbacher Bergland mündet, welches bereits zum Rheinischen Schiefergebirge gehört. Im Osten schließt sich das fruchtbare Amöneburger Becken an, das einen weiteren geologischen Kontrast bildet.
Die Rotfärbung unserer Erde ist klimabedingt und entstand während des "Rotliegenden" im Perm.
Durch die zahlreichen Hügel, kleinen Berge und Erhebungen im und um das Stadtgebiet von Marburg bieten sich unzählige malerische Blickwinkel. So hat man immer wieder die Gelegenheit, das
Marburger Landgrafenschloss aus verschiedenen Perspektiven zu bestaunen.
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Buntsandstein | andere Gesteinsarten | Mythologie | Magische Orte | Steinbrüche | Steine & Pflanzen | Stadt & Architektur | Wasser & Stein
Die Gesteine der Buntsandsteinzeit stammen aus dem Erdmittelalter (vor etwa 245 bis 65 Millionen Jahren). Die Periode des gleichnamigen Buntsandsteins erstreckte sich über
rund 10 Millionen Jahre während der Trias, vor etwa 251 Mio. Jahren. Beim Buntsandstein handelt es sich um durch Wasser und Wind
aufgeschichteten Sand und Ton. In den alten Steinbrüchen am Gebrannten Berg, aus denen auch die Elisabethkirche entstand, lassen sich
die Schichten sehr gut bewundern.
Das dominierende Gestein im Marburger Raum ist der "Mittlere Buntsandstein".
Deutschlandweit findet man Buntsandstein z.B. auch auf Helgoland, an der Weser in Niedersachsen, am Hochrhein oder der Süd-Pfalz. Je nach Anteil des Bindemittels aus Kalk oder Ton und
Verwitterung gibt es unterschiedliche Sandsteinarten und verschiedene Qualitäten.
Manche eignen sich als Schleifsteine, Bodenplatten, Quader-Bausteine und manche sind ungeeignet.
Felsen und Steine haben seit jeher viele Legenden inspiriert, allein schon, weil Gestein über Millionen von Jahren Bestand hat.
Besonders in anderen Ländern und Kulturen, wie in England und Schottland, sind Steinkreise, Hügelgräbern und Klippen von Mythen umgeben. Steinkreise und die Steine auf
Hügelgräbern dienten oft dazu, eine klare Trennung zwischen Leben und Tod zu markieren und die Verstorbenen daran zu hindern, als Wiedergänger zurückzukehren.
auch bei uns gibt es einzelne Steine oder Felsformationen, die durch ihre geheimnisvolle Ausstrahlung oder einer dazugehörige Sage einen Ort magisch werden lassen. Ein Beispiel ist die
Legende über die Wichtelhäuser bei Brungershausen, eine beeindruckende Felsformation aus Wollenberg-Quarzit.
Eine weitere sagenumwobene Stätte ist die Drachenhöhle, die etwa 200 Meter unterhalb des Rimbergturms an einem Osthang liegt. Nach einer Legende soll Siegfried hier den
Drachen erschlagen haben. Die stollenartige Höhle reicht etwa 15 Meter tief in den Berg hinein. Am Ende des Ganges befindet sich ein Becken, das meist mit Wasser gefüllt ist .
Bei Cölbe befindet sich in der Nähe der Keltenquelle der sogenannte Riesenstuhl. Der Sage nach lebten hier einst drei Riesen, die sich um einen Backtrog stritten. Tatsächlich soll es sich aber um die Überbleibsel eines keltischen Fürstensitzes handeln.
Auf den Lahnbergen gibt es einen großen Stein mit Abdrücken, um den sich ebenfalls eine Legende rankt. Es heißt, dass sich die Heilige Elisabeth hier abstützte, um vor einem Wolf auf einen
Baum zu flüchten. Dabei hinterließ sie einen Fußabdruck im Stein, der noch heute sichtbar ist. Dieser Stein, die sogenannte Elisabethtrappe befindet sich nahe der
Heiligen Eiche beim Sonnenblick. Das Wasser, das sich in der Vertiefung sammelt, soll bei Augenleiden helfen.
Menhire
Sie sind Steindenkmäler, wie der hier abgebildete "Lange Stein" in Langenstein. Er stammt aus der Jungsteinzeit und ist namensgebend für das kleine Dorf bei Kirchhain. Mit 5,1 Metern
Höhe ist er einer der größten Menhire Deutschlands. Als Kultstein ist er als "heidnisches Zeugnis" in die Kirchenmauer mit einbezogen und "verchristlicht" worden. Der ursprünglich 6,30 Meter hohe
Buntsandstein soll der Legende nach durch einen Blitzschlag 1527 auf seine heutige Höhe gekürzt worden sein. Vor ca. 4000 Jahre bildete er zusammen mit der Dorflinde eine Kult- und Richtstätte.
Ein alter Brauch besagt zudem, dass es bis ins Mittelalter hinein üblich war, dass Brautpaare ihr nacktes Hinterteil daran reiben sollten, um reich mit Kindern beschenkt zu werden.
Des weiteren gibt es noch den sogenannten "Riesenstein" bei Roßberg/Ebsdorfergrund-Udenhausen und den "Dicken Stein" bei Rauischholzhausen. Beide sind aber von Größe und Bedeutung mit dem "Langen Stein" nicht zu vergleichen.
Zu den bereits genannten Orten, die mit Stein-Legenden verbunden sind, gibt es in und um Marburg noch weitere Plätze, die durch Stein als prägendes Element eine besondere Magie ausstrahlen.
Ein beeindruckendes Beispiel ist der begehbare "Felsenkeller" am Schlosshügel der Ruine von Rauschenberg. Dieser diente einst wohl als Lagerraum und bietet
heute einen faszinierenden Einblick in das Innere des Buntsandsteines.
Allein im Burgwald finden sich einige Gesteins-Sehenswürdigkeiten wie der Rabenstein* zwischen Rauschenberg und Schwabendorf, ein flacher Sandsteinfelsen, der einst eine heidnische Kultstätte gewesen sein soll.
Über dem Tal des Roten Wassers, zwischen Bracht und Schönstadt erheben sich die höhlenartigen Sandsteinklippen, die als Bilstein
oder Heidenstein bekannt sind. Sie sind nicht sehr einfach zu finden und an einem steilen Abhang.
Ein kleiner Wasserfall fließt zwischen Mellnau und dem Christenberg über eine gewaltige Sandstein-Formation, genannt Sauerwalds-Löcher*.
Wie bereits erwähnt, beeindruckt die Hinterländer Schweiz mit ihrer markanten Schiefer-Felslandschaft. Sie liegt im Gladenbacher Bergland nördlich der Burgruine Blankenstein, am Rand des Kehlnbachtals.
Nicht zu vergessen sind die zahlreichen alten Steinbrüche in der Region, die ebenfalls spannende Einblicke in die geologische Geschichte bieten - dazu später mehr.
Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Orte stehen noch auf meiner persönlichen To-Do-Liste
An vielen Stellen im Landkreis wurden im Laufe der Zeit unterschiedliche Gesteinsarten abgebaut. Einige Steinbrüche sind noch in Betrieb, die meisten jedoch sind stille Zeitzeugen geworden, die von der Natur zurückerobert wurden. Manche dieser Areale wurden zu Naturschutzgebieten erklärt, da sie neuen Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen bieten. Herabgefallene Steine und Nischen dienen als wertvolle Rückzugsorte, während die entstehenden Tümpel für Insekten und Amphibien sehr bedeutend sind.
Am häufigsten handelt es sich um Sandsteinbrüche. Ein Beispiel ist der noch aktiv genutzte „Weiße Stein“ zwischen Goßfelden und Wehrda. "Marburger-Sandstein" auch bekannt als "Niederweimarer-Sandstein" wird auch dort noch abgebaut.
Der Steinbruch am Stümpelskopf in Michelbach, versteckt im Wald gelegen, lieferte einst unteren Bruchsandstein, der teilweise sogar für den Bau des Marburger Schlosses
verwendet wurde. Auch die alten Steinbrüche am Gebrannten Berg waren bedeutend und lieferten Buntsandstein,
der unter anderem in der Elisabethkirche und sogar im Reichstag in Berlin verbaut wurde.
Nördlich von Unterrosphe befindet sich der ehemalige "Sandsteinbruch am Hollenberg". Dieses Areal ist heute ein kleines Naturschutzgebiet und ein Naturdenkmal.
Der Große Badenstein ist die bekannteste geologische Sehenswürdigkeit im Burgwald, nördlich von Marburg. Das Besondere ist, dass es ein Sandstein-Steinbruch ist, unter dem sich durch vulkanische Aktivität vor Millionen von Jahren ein Basaltpropfen bildete, als Lava versuchte den Sandstein zu durchbrechen. Dieser Basalt wurde jedoch im 18. und 19. Jahrhundert vollständig abgebaut. Heute sind noch die beeindruckenden Sandsteinwände zu sehen. Der Steinbruch liegt im Naturschutzgebiet „Franzosenwiesen/Rotes Wasser“ und ist über mehrere markierte Wanderwege erreichbar.
Nördlich von Kehna in der Gemeinde Weimar liegt die "Kehnaer Trift", ein 9,4 Hektar großes Naturschutzgebiet. Hier wurden einst Tonschiefer und Grauwacke abgebaut. Seit 1980 ist der Bereich stillgelegt. Die Jahrzehntelange Beweidung, felsige Hänge und kleine Tümpel haben einen wertvollen Lebensraum für geschützte Arten geschaffen.
Der sogenannte "Steinbruch Kohlenacker" bei Bottendorf ist seit 2023 ein neues Naturschutzgebiet. Dieses Gebiet beherbergt einen See mit meist türkis-blauem Wasser, umgeben von mächtigen Felswänden. Der ehemalige Diabas-Steinbruch bietet mit seiner Kombination aus Steinformationen, Wäldern, Magerwiesen und dem See einen vielfältigen Lebensraum. Hier finden sich heimische Orchideen, selten gewordene Schmetterlinge, Vögel und im See als Besonderheit der stark bedrohte Edelkrebs.
Ein weiterer Diabas-Steinbruch ist der Steinbruch Rachelshausen*bei Gladenbach, der bis Ende der 1990er Jahre genutzt wurde. Heute ist das Areal besonders für viele Vogel- und Reptilienarten ein wertvoller Rückzugsort. Das Betreten ist verboten, jedoch bietet ein Aussichtspunkt, der über Wanderwege erreichbar ist, einen Blick auf das Gelände. Diabas, ein Gestein vulkanischen Ursprungs, wird auch als Grünstein oder "Hinterländer Marmor" bezeichnet.
Nicht zuletzt sei nochmal der Basaltsteinbruch unterhalb der Ruine Frauenberg erwähnt. Der 380 Meter hohe Basaltkegel mit seiner mittelalterlicher Burgruine ist heute ebenfalls ein Naturschutzgebiet.
Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Orte stehen noch auf meiner persönlichen To-Do-Liste
Die Gemeinschaft aus Pflanzen und Steinen, die seit Millionen von Jahren nebeneinander und miteinander existiert, ist ein ästhetischer Anblick. Die farblichen Kontraste zwischen beiden, die schlichte Eleganz der Steine und die davor entfaltete Blütenfülle lassen die Pflanzen noch schöner hervortreten. Besonders schön lässt sich dieses Zusammenspielen bei alten Burgruinen beobachten.
Für Urpflanzen wie Flechten & Moose ist Gestein ein wichtiges Wuchssubstrat. Sie siedeln sich bevorzugt auf kalkhaltigem Untergrund,
aber auch auf Sandstein oder Vulkanit an - sogar Betonmauern bieten ihnen Lebensraum. Anders als Blühpflanzen bilden sie keine Wurzeln, über die sie Nährstoffe aufnehmen. Stattdessen
beziehen sie diese über ihre gesamte Oberfläche, wobei Wasser für sie essenziell ist.
Im eigenen Garten können wir mit Trockenmauern und Steingärten einen wertvollen Beitrag zur Tier- und Pflanzenwelt leisten. Die wärmespeichernden
Steine schaffen ideale Bedingungen für bestimmte Pflanzen. Gleichzeitig bieten sie Amphibien, wie Eidechsen und Insekten, wie den Mauerfuchs und die Mauerbiene sicherere Unterschlüpfe. In
den feinen Ritzen der Steine siedeln sich Farne, Mauerraute, Ruprechtskraut, Scharfer Mauerpfeffer, Weiße Fetthenne, Frühlings-Fingerkraut, Löwenzahn und Steinbrechgewächse an - vorausgesetzt, Wasser und Nährstoffe sind
ausreichend vorhanden.
Trockenmauern bestehen aus aufeinander geschichteten Steinen, die nicht mit Mörtel verbunden sind. Bereits unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit errichteten solche Bauwerke. Heute zählt die Kunst des Trockenmauerbaus sogar zum immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO.
Es liegt nahe, dass Menschen seit jeher das regional verfügbare Gestein als Bau- und Werkstoff nutzten. Auch in Marburg ist der Buntsandstein allgegenwärtig. Viele der bekanntesten Gebäude der Stadt bestehen größtenteils aus diesem Material – darunter die Elisabethkirche, das Landgrafenschloss und das Rathaus. Zudem prägt der Buntsandstein zahlreiche Mauern, Brunnen, Treppen und Brücken, wie etwa die Weidenhäuser Brücke. Überall in Marburg begegnet uns das Element Stein.
Der Großteil der Altstadt ist mit Kopfsteinpflaster ausgelegt, das als besonders robust und belastbar gilt. Durch die Fugen kann Regenwasser versickern, und zugleich trägt das Pflaster zum historischen Charme Marburgs bei. In der Stadt und ihrer Umgebung begegnen uns überall alte Steine als Wegemarkierungen.
Wasser und Stein prägen Marburg seit Jahrhunderten - die Lahn als Lebensader der Stadt und der Buntsandstein als Fundament ihrer historischen Bauwerke.
Neben der Lahn prägen zahlreiche Quellen und Brunnen die Region, oft verborgen und verwunschen in der Landschaft. Viele von ihnen sind in Buntsandstein gefasst oder entspringen direkt aus dessen Tiefe, wodurch Wasser und Stein auf besondere Weise miteinander verbunden sind.
"Wasser für Marburg - Zur Geschichte der Wasserversorgung von Stadt und Schloß - Band 1 "Die Stadt", Elmar Brohl und Christopher Ernestus, Marburg 2019
www.ag-burgwald.de
www.rp-giessen.hessen.de/natur/naturschutz/nationale-schutzgebiete/naturschutzgebiete