Im Frühling lösen sich die drei wertvollen Sträucher mit ihrer Blütezeit regelrecht ab. Sodass unsere Hecken fast pausenlos von strahlenden Weißtönen überzogen sind. Im Herbst sind die Früchte dieser Drei Sträucher fast die einzig übrig gebliebenen bunten Farbtupfer. Sie wachsen an ihren Sträuchern meist gemeinsam in Hecken an unseren Wegrändern. Alle gehören zu der Familie der Rosengewächse. Sie sind ein wichtiger Rückzugsort für kleine Tiere und wertvoll für Vögel in der kalten, nahrungsarmen Jahreszeit, aber auch für uns sind die Früchte nicht mehr wegzudenkende Begleiter der Naturmedizin. Nicht nur die gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe, wie die Unmengen an Vitamin C, lenken unsere Aufmerksamkeit auf sich, sondern auch die faszinierenden Gebräuche des Volksglaubens, die teils aus dem tiefsten Mittelalter stammen.
Da allen dreien magische Geschichten und Funktionen anhaften, ist die Magie perfekt, findet man alle drei nebeneinander.
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Rosa canina
Der dornige Kletterstrauch - auch bekannt als Heckenrose (manchmal jedoch eigene Sorte) oder Wildrose - kann mehrere Meter hoch und ca. 300 Jahre alt werden und bildet im Herbst die kleinen roten Kraftpakete aus, die man Hagebutten nennt. Aus Kindheitstagen kennen wir noch das bekannte Juckpulver, dass wir den feinen Härchen im Inneren der Hagebutte zu verdanken haben. Die Blüten im Hochsommer sind zartrosa, duften aber nur schwach, nicht so wie die meisten unserer Gartenrosen. Diese stammen jedoch alle von der wilden Rose ab.
Sie ist ein wichtiger Bestandteil von Hecken, kommt aber auch einzeln und am Waldrand vor.
Neben zahlreichen anderen wichtigen Inhaltsstoffen wie Flavonoiden, Fruchtsäuren, Gerbstoffen, Mineralstoffen, ist es vor allem das Vitamin C, was einen fast 20fachen Wert von Zitronen aufweist. Hagebutten sind damit besonders zur Stärkung unseres Immunsystems im Einsatz.
Prunus spinosa
Der Schlehdorn, oder einfach nur Schlehe genannt taucht als einer der ersten unser ganzes Land in strahlend weiße Wolken aus duftenden Blüten. Nach der Blüte erscheinen die Blätter an den 2-3 m hoch werdenden Sträuchern. Er trägt in spitzen Dornen endenden fast schwarze Zweige, die markante 90 Grad Winkel aufweisen.
Die Steinfrüchte nehmen relativ frühzeitig ihre dunkelblau bereifte Farbe an, sind aber erst im Herbst nach dem ersten Frost genießbar. Auch dann sind sie noch relativ herb, sodass die meisten sie lieber zu Mus, Likör oder Ähnlichem verarbeiten. Sie sind etwas größer als Heidelbeeren und haben ein grünliches Fruchtfleisch.
Die Schlehen können große Bestände bilden, da sie sich mit ihrem kriechenden Wurzelwerk über Schösslinge stark vermehren können. Sie zählen ebenso wie die Heckenrose zu einem wichtigen Heckenelement.
Die heilkräftigen Inhaltsstoffe von Blüten und Früchten sind unter anderem auch das Vitamin C und vor allem die enthaltenen Gerbstoffe.
Crataegus sp.
Kurz nach der Schlehenblüte explodieren die weißen Blüten des Weißdorns in unseren Hecken oder am Waldrand. Die Blüten ähneln ein wenig Kirsch- oder Apfelblüten und kommen erst
nach dem Austrieb der Blätter zum Vorschein.
Man unterscheidet meist zwischen dem eingriffeligen und dem zweigriffeligen Weißdorn.
Beide sind aber gleichwertig heilkräftig. Die dornigen Sträucher oder Bäume können sogar bis zu 18m hoch und bis zu 600 Jahre alt werden.
Eine große Population an Weißdornen findet sich in Großbritannien. Dort wird er seit ewigen Zeiten besonders verehrt. Mehr dazu unten.
Die herzstärkenden Flavonoide in selbst hergestelltem Tee oder Tinkturen aus Weißdornblüten und -blättern sind überaus wertvoll für unser Herz-Kreislaufsystem. Es ist sogar klinisch nachgewiesen, dass bei der täglichen Einnahme von Weißdorn-Präparaten eine Steigerung der Herztätigkeit festzustellen ist.
Dies sind einige Beispiel-Aufnahmen von allen drei Sträuchern einzeln. Weiter unten findet ihr noch Karten, wo man die Heckenformationen am besten bewundern kann.
Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm,
es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein, das da steht im Wald’ allein mit dem purpurroten Mäntelein?
Das Männlein steht im Walde auf Einem Bein und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein.
Sagt, wer mag das Männlein sein, das da steht im Wald’ allein mit dem kleinen schwarzen Käppelein?
Das Männlein dort auf Einem Bein, mit seinem rothen Mäntelein Und seinem schwarzen Käppelein, kann nur die Hagebutte sein!
- August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1843 -
Wenn alle Blätter gefallen sind und uns nur noch die tiefroten Hagebutten entgegenleuchten, dann ist Sammelzeit. Die Früchte sollten noch hart sein und nicht matschig. Handschuhe könnten hier aufgrund der Dornen hilfreich sein.
Nach mittelalterlicher Tradition solle man sie mit abgewandtem Gesicht ernten, was aufgrund der peitschenden dornigen Triebe durchaus sinnvoll erscheint.
Die Blüten werden im Hochsommer an einem trockenen Vormittag geerntet und frisch, zur Dekoration von Speisen verwendet.
In der Regel werden die Hagebutten mit oder ohne Kerne - je nach Verwendung - getrocknet.
Dafür die Hagebutten erst waschen, abtrocken, halbieren und schonend, bei max. 40°C im Backofen oder Dörrautomat trocken. Dies kann bis zu 20 Stunden dauern. Die Kerne können auch separat getrocknet werden.
Getrocknete Hagebutten sind luftdicht gelagert max. 1 Jahr haltbar.
Zu medizinischen Zwecken wird der Hagebuttentee bei Fieber, zur Immunstärkung, bei Darmproblemen und schlecht heilenden Wunden empfohlen:
2 gehäufte Teelöffel getrocknete Hagebutten mit oder ohne Kerne, 250 ml kochendes Wasser entweder 10 min zusammen kochen lassen oder wie Tee aufgießen und 15 min ziehen lassen. Der Vitamin-Gehalt bleibt vollständig erhalten.
Kulinarisch: Konfitüre (Zubereitung ohne Kerne), Wein, Sirup, Likör, Essig, Blüten als Topping, Gelee, Sirup, Blütensalz, Blütenzucker
Heilend: Tee, Pulver für die Gelenke, Knospen-Mazerat
Kosmetisch: Hagebuttenöl zur Zellerneuerung, Rosenblütenbadesalz
Dekorativ: lose Zweige in Vasen, zu Kränzen winden, auch schön in Kombination mit anderen Früchten
Beachtet ansonsten meine allgemein zusammengestellten Sammeltipps.
Nach dem ersten Frost beginnt die Sammelzeit der Schlehenfrüchte. Man kann sie auch einfrieren, um diesen Effekt künstlich zu erzielen. Dies hat nach meiner Erfahrung aber im Vergleich nicht so gut funktioniert.
Die Blüten werden direkt beim Aufblühen im März/April geerntet und nur getrocknet verwendet, da sie sonst noch zu viel Blausäure enthalten. Beim Ernten können da Handschuhe hilfreich sein.
Die Früchte werden meist frisch verarbeitet, die Trocknung ist hier eher selten der Fall. Dabei sollten die gesammelten Früchte zügig zubereitet werden und maximal 2 Tage im Kühlschrank bleiben.
Die Blüten sollten schonend im Schatten ausgebreitet und getrocknet werden.
Bei fehlendem morgendlichen Appetit wirkt Schlehenmus anregend. Schlehenwein- und sirup stärken die Abwehrkräfte und Schlehenblütentee wirkt leicht abführend bei Verstopfung. Die getrockneten Früchte wirken zusammenziehend bei Zahnfleischentzündungen und Magenproblemen.
Nebenwirkungen sind keine bekannt.
Kulinarisch: Schlehenwein, Schlehenlikör, Schlehenmus
Heilend: Schlehenwein, Schlehenblütentee, Schlehensirup, Schlehenmus
Kosmetisch: Schlehenblütenöl für straffere Haut
Dekorativ: blühende Zweige in Vasen
Beachtet ansonsten meine allgemein zusammengestellten Sammeltipps.
Die Früchte werden gesammelt, sobald sie schön rot und reif sind. Dies ist im September und Oktober der Fall.
Die Blüten & Blätter sammelt man, während der Strauch in voller Blüte steht.
Alle Bestandteile halten sich nur etwa ein Jahr, dann verlieren sie an Wirksamkeit.
Die Unterscheidung der beiden heilkräftigen Weißdornarten fällt
während der Blüte leichter. Ein oder eben zwei Griffel (ein Teil des Stempels innerhalb einer Blüte). Oder beim Zerteilen einer Frucht. Der Eingriffelige hat nur einen Stein, der andere zwei oder mehrere.
Die Früchte müssen, ebenso wie Blüten & Blätter, relativ zügig getrocknet werden.
Blüten & Blätter können draußen im luftigen Halbschatten ausgebreitet, trocknen. Die Früchte werden nach dem Vortrocknen an der Luft, schonend im Dörrautomat oder Backofen bei ca. 40°C getrocknet.
Danach wird jeweils alles luftdicht verschlossen gelagert.
In der Volksmedizin existieren noch eine Vielzahl an weiteren Anwendungen.
Der Hauptverwendungszweck aber, ist seine Wirkung auf das Herz.
Keinerlei Nebenwirkungen, auch nicht bei Dauergebrauch.
Kulinarisch: Beigabe zu anderen Marmeladen
Heilend: Tee aus Blüten und Blättern bei Herzmuskelschwäche, zur Nachbehandlung von Herzinfarkten, zur Vorbeugung von Abnutzung, zur Stärkung des älter werdenden Herzens, bei Rhythmusstörungen, Tinktur
Kosmetisch: nichts bekannt
Dekorativ: Blütenzweige in der Vase möglich, aber der Duft ist nicht angenehm; als Amulett
Beachtet ansonsten meine allgemein zusammengestellten Sammeltipps.
Es ist eine eigene kleine Welt - ein einzigartiges Zusammenspiel der Natur. Mancherorts stehen sie mittlerweile sogar unter Naturschutz.
Hecken fungieren als natürlicher Zaun für das Weideland, da sie mit den dornigen Zweigen für größere Tiere wie Schafe, Kühe oder Pferde eine undurchdringliche Barriere bilden.
Die Bezeichnung für solche bereits im Spätmittelalter errichteten Hecken als Wälle lautet Knicks und ist in Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch sehr gebräuchlich und typisch für das Landschaftsbild. In einer Periode wurden sie noch massenweise gerodet, bis man ihren Wert erkannte. Sogar im Zweiten Weltkrieg dienten sie den Truppen bei der Ardennen-Offensive als wirksame Barriere.
Sie schützen außerdem die Felder vor Wind und sorgen für ertragreichere Ernte.
Heute haben wir zum einen extra angelegte Hecken, jene, die aufgrund von aufgeschichteten Steinhaufen oder Rainen selbst entstehen oder welche, die sich einfach durch Schösslinge vermehren.
Hecken dieser Art finden sich zum Glück immer mehr.
Schöne Beispiele in der Marburger Umgebung finden sich zum einen auf der alten Weinstraße, zwischen Wehrda und Michelbach und den Hängen oberhalb der Lahn und der B62 nach Biedenkopf, dort insbesondere am Kombacher Hirschstein. Aber auch in den Schutzgebieten "Kleine Lummersbach bei Cyriaxweimar" und besonders im "Lahnknie bei Michelbach". Letzteres bietet ein riesengroßes Areal voller Schlehenhecken.
Mit dem Ackerbau wurden Hecken aus u.a. unserem magischen Trio als natürlicher Zaun und als Schutz vor wilden Tieren angelegt. Aber auch die Bepflanzung um Burgmauern war im Mittelalter üblich. Sie dienten dazu, alles Böse abzuhalten. Sie sollten vor Dämonen und Hexen schützen, wie auch vor Unwettern und den Bewohnern somit einen sicheren Schlaf gewähren. Diese drei Pflanzen haben also auch gemeinsam, dass sie aufgrund ihrer Schutzfunktion als schlaffördernde Heilpflanzen galten.
Hagebutten
Auch der Heckenrose allein wird einiges an Aberglaube und rituellen Gebräuchen nachgesagt. Sie galt als schützend und heilend, hatte aber auch übersinnliche Kräfte.
Damals wurden Perlenketten aus einer ungeraden Anzahl getrockneter Hagebutten gefertigt und um den Hals getragen, um Glück in der Liebe zu haben. Ein Ritual gegen die Gicht bestand darin, einen Tropfen Blut des Erkrankten in eine ausgehöhlte Hagebutte tropfen zu lassen, zu verschließen und in ein Loch im Baum zu stecken, damit der Baum die Krankheit anstelle des Patienten aufnimmt. Bereits bei den Germanen und den Kelten wurde das Holz der Heckenrose für ihre Feuerbestattungen verwendet. Am Silvesterabend soll man drei frische Hagebutten essen, um das nächste Jahr vor Krankheiten und allem Unheil geschützt zu sein. In der Walpurgisnacht wurde sie gegen Zauberei verräuchert.
Schlafapfel
Hierbei handelt es sich um Larvenkammern/Gallen der Rosengallwespe.
Während der Eiablage entstehen wohl zudem Wuchsstoffe, die eine ca. 5cm große moosähnliche, erst grünliche dann rötliche, zottelige Kugel bilden. Wir finden sie oft an den Spitzen von Rosentrieben.
Seit der Antike und im Mittelalter galten diese Gallen als schlaffördernd und man legte sie sich unters Kopfkissen oder nähre sie sogar darin ein. Zudem sollte alleine das Bei sich tragen heilsame Wirkungen haben und schützen.
Bis heute hat sich der Beiname Schlafapfel gehalten.
Schlehdorn
Die Schlehe wirkte in ihrem Erscheinungsbild schon immer märchenhaft und geheimnisvoll. Die verzweigten, dunklen und dornigen Sträucher galten unter anderem daher als Schutz vor wilden Tieren, Geistern & Hexen.
Auch "Schwarzdorn" ist ein gebräuchlicher Name, das rührt von der fast schwarzen Rinde des Strauches.
In der irischen Mythologie spielte die Schlehe eine große Rolle. In ihren Zweigen sollen bereits bei den Kelten die Feen gewohnt haben. Gleichzeitig gruselte sie sich aber vor den schmerzenden Dornen und sie galt auch als Unglücksbringer. Generell symbolisierte der Gegensatz zwischen den hellen, weißen Blüten und den dunklen dornigen Zweigen einerseits das Leben und die Hoffnung im Frühling, andererseits die Dunkelheit und die Pforte zur Unterwelt zu Beginn der dunklen Jahreszeit.
Aus dem Holz wurden gerne Zauberstäbe, Wanderstöcke und Waffen gefertigt.
🔥Außerdem nutzte man es zur Verräucherung in der Walpurgisnacht.
Weißdorn
In der Mythologie gilt der Weißdorn als Baum, in dem die Feen wohnen, als Eingang zu einer anderen Welt. Schon die Kelten verehrten ihn daher als heiligen Baum. Ähnlich wie beim Holunder durfte er nicht gefällt oder geschnitten werden, um die Feen nicht zu verärgern. Sie schützten den Eingang zur anderen Welt und hielten so alles Negative fern.
Im Mittelalter wurden gerne Weißdorn-Zweige an Haus- und Stalltüren gehängt, um das Böse abzuhalten. Auch bei Räucherungen werden getrocknete Blüten, Blättern und Beeren als Reinigung, zum Schutz und für Glück, verwendet. Weißdornfrüchte wurden auch gerne in Brautsträußen verwendet, da sie auch ein Symbol für Treue und Ausdauer sind.
Ein sehr alter Brauch besagt, dass beim Durchschreiten eines Tores aus Weißdornzweigen, dort alle Krankheiten und Sünden hängen bleiben.
Ebenso geläufig sind Amulette aus Weißdorn-Holz zum Schutz vor Krankheiten. Auch eine Holzscheibe unter dem Kopfkissen verbesserte den Schlaf. Man sieht also, dass besonders dem Holz magische Fähigkeiten zugeschrieben werden.
Hinweis: Der Besuch dieser Seite ersetzt nicht die Beratung eines Arztes oder Apothekers.
Buchquellen:
"Das große Buch der Heilpflanzen", Pahlow, München, 1993
"Wickel, Salben & Tinkturen", Arnold Achmüller, Bozen, 2016